Kategorie: Mittelalter

  • Gotik (ca. 1250 – 1500)

    Gotik (ca. 1250 – 1500)

    Die Gotik entwickelte sich in einer Zeit, in der das gesellschaftliche Gefüge Westeuropas einen bedeutenden Wandel erlebte. Neben der Kirche bzw. den Klöstern und dem Adel entwickelte sich das wohlhabende Bürgertum zu einer wichtigen Trägerschaft der Kultur. Diese neuen gesellschaftlichen Kräfte, insbesondere wohlhabende Kaufmannsfamilien, gewannen durch ihren Einfluss und ihre finanziellen Mittel an Bedeutung und trugen maßgeblich zum Bau prächtiger Kirchen und öffentlicher Gebäude bei.

    Dom zu Meißen.

    In dieser Zeit veränderte sich auch das religiöse Denken und Fühlen der Menschen. Es wurde eine starke geistige Trennung zwischen dem Diesseits und dem Jenseits, zwischen Leben und Tod sowie zwischen Körper und Geist vorgenommen. Das irdische Leben wurde zunehmend als Vorbereitung auf das Nachleben betrachtet, was zu einer intensiven Sehnsucht nach dem mystischen Jenseits und dem Geheimnisvollen führte. Diese spirituelle Suche fand ihren Ausdruck in der gotischen Kunst und Architektur, die darauf abzielte, die Gläubigen in eine andere, himmlische Welt zu entführen.

    Dom zu Köln, begonnen 1248.

    Die gotischen Kathedralen wurden zu Symbolen dieser Sehnsucht. Ihre hohen, spitz zulaufenden Türme und die lichtdurchfluteten Innenräume schufen eine Atmosphäre, die die Menschen in eine paradiesische Welt versetzte. Die Bauweise dieser Kirchen, mit ihren großen Fenstern und kunstvollen Glasmalereien, verstärkte das Gefühl des Überirdischen und vermittelte den Gläubigen das Empfinden, dass sie dem Göttlichen näher waren.

    Außenfassade des Kölner Doms.

    So spiegelte die Gotik nicht nur die architektonischen Errungenschaften ihrer Zeit wider, sondern auch die tiefen spirituellen Bedürfnisse und den Wunsch nach einer Verbindung zur Transzendenz.

    Meister H.W. (Hans Witten), Trauernde Muttergottes aus der Jakobikirche, Chemnitz, um 1503.

    Ab etwa der Mitte des 13. Jahrhunderts wurden die Skulpturen immer naturalistischer. Figuren von Maria und dem Jesuskind scheinen sich von der Wand abzulösen, sie neigen sich zueinander und beugen sich zu den Menschen hinunter. Skulpturen, die die Natur darstellten, waren sehr beliebt, da die Natur in der christlichen Religion einen wichtigen Platz in der Schöpfung einnimmt. In der Spätgotik fangen die Künstler an, sich als individuelle Persönlichkeiten wahrzunehmen. Es entstehen die ersten Selbstporträts. Die Kunst wird immer naturgetreuer, anatomisch genauer und zeigt die Stofflichkeit der Figuren. Auch die Darstellung von Falten in den Gewändern wird immer differenzierter.

  • Romanik (ca. 1000-1250)

    Romanik (ca. 1000-1250)

    Die Romanik bezeichnet die Kunst und Kultur Westeuropas im Hochmittelalter. Der Begriff „Romanik“ wurde erst später geprägt und bedeutet wörtlich „nach Art der Römer“. Viele Stilelemente dieser Zeit, wie die Rundbögen, gehen auf die antike römische Architektur zurück. Auch griechische Einflüsse und Elemente aus der arabisch-muslimischen Kultur fanden ihren Weg in die romanische Kunst.

    Nikolaikirche Meißen, erste Hälfte des 12. Jh.

    Im Mittelalter war die katholische Kirche nahezu der alleinige Kulturträger. In einer Zeit, in der die Menschen an eine gottgegebene Weltordnung glaubten, war die Kirche nicht nur ein Ort des Glaubens, sondern auch ein Zentrum der Bildung und Kunst. Die Autorität der weltlichen Herrscher wurde zunehmend durch den religiösen Eifer der Kirche zurückgedrängt, was zu einem Machtkampf zwischen kirchlichen und weltlichen Institutionen führte. Diese Auseinandersetzungen beeinflussten nicht nur die Politik, sondern auch das alltägliche Leben der Menschen. Zusätzlich litten die Menschen in dieser Zeit unter schwankenden Bevölkerungszahlen und verheerenden Hungersnöten, die das Bedürfnis nach Sicherheit und Beständigkeit verstärkten.

    St. Michaelis in Hildesheim, begonnen um 1000.

    In diesen unsicheren Zeiten suchten die Menschen Trost und Halt in ihrem Glauben und in den stabilen Kirchenbauten, die als Ausdruck der göttlichen Ordnung und als Rückzugsorte in Krisenzeiten dienten. Die romanischen Kirchen, oft als „Gottesburgen“ bezeichnet, waren massive Bauwerke mit dicken Mauern und kleinen Fenstern. Die Architektur zeichnete sich durch halbrunde Formen und Tonnengewölbe aus, die den Eindruck von Stabilität, Kraft und Dichte vermittelten. Die romanische Kunst und Architektur spiegelten somit nicht nur die religiösen Überzeugungen wider, sondern auch das kollektive Bedürfnis der Gesellschaft nach Sicherheit und einer festen Ordnung in einer Welt voller Unsicherheiten.

    Dom zu Speyer.
    Krypta im Dom zu Speyer.

    Mit der Romanik entstanden immer größere und beeindruckendere Kirchen, die es den Bildhauern ermöglichten, gewaltige und komplexe Skulpturen als Teil der Architektur zu schaffen. In der Regel waren die Auftraggeber die Kirche oder wohlhabende Stifter. Oft wurden biblische Geschichten in den Skulpturen dargestellt. Die Figuren entlang der zahlreichen Pilgerwege waren groß, aufregend und kräftig gestaltet. Sie sollten die Menschen, insbesondere die einfachen Gläubigen, zum Beten anregen.

    In die Kirchenskulpturen wurden auch groteske Figuren und Monster integriert, um die Menschen an die Hölle und die Gefahren des Bösen zu erinnern. Viele Teile der Kirchen wurden mit einfachen Mustern, Pflanzenmotiven sowie mit Figuren und Köpfen verziert. Die Skulpturen stehen oft starr und aufrecht, was zeigt, dass sie fest mit der Mauer verbunden sind.

    Relief, Benediktinerkloster St. Johann, Müstair, Schweiz.
    Versuchung Christi – Der Teufel, ein gewundenes Reptil auf seinem linken Bein,
    hat einen Stein in den Händen, Basilika St.-Andoche, Saulieu, Frankreich.
  • Frühchristentum

    Frühchristentum

    Im Frühchristentum, das etwa bis zum 10. Jahrhundert reicht, war die Kunst stark von den besonderen Herausforderungen und dem Glauben der frühen Christen geprägt. Während der Zeit der Verfolgung waren nur wenige Kunstwerke erhalten geblieben, da die Christen oft im Verborgenen lebten und ihre Glaubensüberzeugungen nicht offen ausleben konnten. Mit der Legalisierung des Christentums im Jahr 313 und der Erklärung zum römischen Staatsreligion im Jahr 380 erlebte die christliche Kunst jedoch einen Aufschwung.

    Die Kunst des Frühchristentums war weniger auf die weltliche Verherrlichung der Kaiser und des Staates ausgerichtet, sondern konzentrierte sich auf die spirituellen und jenseitigen Themen, die das Reich Gottes und das Paradies betrafen. Dies führte zu einer deutlichen Abkehr von den naturalistischen Darstellungen der Antike hin zu einer vereinfachten und stilisierten Formensprache. Perspektive und Hell-Dunkel-Malerei verschwanden weitgehend, und die Darstellung des Menschen wurde weniger realistisch. Stattdessen verwendeten Künstler Symbole, um tiefere religiöse Wahrheiten auszudrücken.

    „Guter Hirte“, Domitilla-Katakomben, Rom.
    Katakomben von San Sebastiano, Rom.

    In der Architektur der Frühchristlichen Zeit sind zunächst die mit Wandmalereien geschmückten Katakomben zu nennen, die als Rückzugsorte für die Gläubigen dienten. Später entstanden horizontal ausgerichtete Basiliken, die den Gläubigen als Orte der Versammlung und Anbetung dienten. Diese Kirchen waren oft mit farbenfrohen Marmorsäulen, Wandmalereien und Mosaiken geschmückt, die den Triumph des Christentums verherrlichten und die Gläubigen zum Allerheiligsten leiteten.

    Konstantinischen Basilika San Pietro in Vaticano, Querschnitt, Zeichnung von 1693.
    Grundriss einer frühchristlichen Basilika.

    Die Plastik dieser Zeit war vor allem in Form von Reliefkunst präsent, wobei Steinsarkophage mit christlichen Motiven ausgeschmückt wurden. Die Vollplastik, wie sie in der Antike üblich war, verschwand weitgehend, da der Fokus auf der Darstellung von spirituellen Themen lag.

    Steinsarkophag, Basilika San Vitale, Ravenna.

    In der Malerei fanden zunächst einfache Wandmalereien Anwendung, später auch Mosaike, um die Kirchenräume zu gestalten. Die Themen waren durchweg christlich, wobei die Künstler in der Darstellung darauf abzielten, das Wesentliche hervorzuheben und unwichtige Einzelheiten wegzulassen. Ausgeprägte Gesten verliehen den Figuren eine große Ausdruckskraft und ermöglichten es den Gläubigen, sich mit den dargestellten Szenen und Heiligen zu identifizieren. Diese Kunstform diente nicht nur der Verschönerung, sondern auch der Vermittlung von Glaubensinhalten und der Stärkung des Gemeinschaftsgefühls unter den Gläubigen.

    Auferweckung des Lazarus, Sant’Apollinare Nuovo, Ravenna, um 500.