Als Bildform wird die Art der Geformtheit der Bildgegenstände (Objektfigur) und des Bildgrundes (Grundfigur) bezeichnet. Beide Figuren bedingen einander und sind gleichwertig bedeutsam für die Bildaussage.
Als grundlegende Prinzipien lassen sich eine hohe Annäherung an die Wirklichkeitserscheinung und eine Entfernung von dieser unterscheiden. Weiterhin ist eine Negation der realen Geformtheit möglich.
Eine psychologische Grundlage für das Sehen und Gestalten von Formen in Bildern bildet die Figur-Grund-Beziehung.

Öl auf Leinwand, 70 x 99 cm. Kunstmuseum Den Haag.
Figur-Grund-Beziehung
Ein zentrales Merkmal der menschlichen Wahrnehmung ist die Fähigkeit, zwischen einem Objekt im Vordergrund und dessen Hintergrund zu unterscheiden. Dabei hebt sich die sogenannte „Figur“ deutlich vom „Grund“ ab, also vom umgebenden Kontext.
Unser Gehirn ist bestrebt, Formen aus einer Fläche oder einem Raum herauszufiltern und zu interpretieren. Besonders gut gelingt dies, wenn zwischen Figur und Hintergrund ein starker Helligkeitsunterschied besteht – also ein deutlicher Kontrast vorhanden ist.


Bestimmte Gestaltungen führen zu einer uneindeutigen Wahrnehmung von Figur und Hintergrund – insbesondere dann, wenn die verwendeten Formen je nach Betrachtungsweise sowohl als Vordergrundobjekt als auch als Hintergrund interpretiert werden können. Ein bekanntes Beispiel dafür ist der sogenannte Rubin’sche Becher.
Die Wahrnehmungstäuschung bei der Figur-Grund-Erkennung beruht wesentlich darauf, welche Bereiche des Bildes als Vordergrund und welche als Hintergrund interpretiert werden. Beim Rubin’schen Becher entscheidet diese Zuordnung darüber, ob man eine Vase oder zwei sich gegenüberstehende Gesichter erkennt.
Vertiefende Informationen findest du auf folgendem Merkblatt:
Annäherung an die Wirklichkeitsform („Dingabbild“)
In einem Bild kann die Naturähnlichkeit betont werden. Es findet eine Annäherung an die Wirklichkeit und entsprechend die reale Geformtheit statt.
Folgende Mittel unterstützen dieses Gestaltungsprinzip:
- naturähnliche Proportionen,
- naturnahe Binnengliederung,
- naturnahe Umrisse,
- naturnahe räumliche und perspektivische Darstellungen (Körperperspektive, Zentralperspektive, …).

Radierung, 21 x 16 cm. Städel Museum, Frankfurt/Main.

Öl auf Holz, 39 x 34 cm. Alte Nationalgalerie, Berlin.

Öl auf Pappelholz, 77 x 53 cm. Musée du Louvre, Paris.

Öl auf Leinwand, 46 x 58 cm. Johnny Van Haeften Gallery, London.
Entfernen von der Wirklichkeitsform („Sinnbild“)
Bildgegenstände können sich in ihrer Geformtheit von der Wirklichkeit lösen und entsprechend verfremdet erscheinen.

Verkündigung an die Hirten, 1007-1012.
Deckfarben auf Pergament, 28x 25 cm.
Bayrische Staatsbibliothek München.
[Verformung der Proportionen]

Holzschnitt. Städel Museum, Frankfurt am Main.
Folgende Gestaltungsmittel verwirklichen dieses Prinzip:
- Verformung der Proportionen/Formvereinfachung/Annäherung an geometrische Grundformen,
- Betonung der Umrisse,
- verschwimmende Konturen,
- spezieller Pinselduktus (pastos, lavierend, getupft, flächig, …),
- Verzicht auf Details,
- Verbindung von Objekt und Grund,
- Öffnen/Zerreißen der Formen.

Öl auf Leinwand, 117 x 74 cm, Philadelphie Museum of Art.
[Verbindung von Objekt und Grund, Öffnen/Zerreißen der Formen]

Öl auf Leinwand, 99 x 119 cm.
Musée national d’art moderne, Centre Pompidou, Paris.
[Formvereinfachung/Annäherung an geometrische Grundformen, Betonung von Konturen]

Holzschnitt. [Formvereinfachung, Verzicht auf Details]

Öl auf Holz, 25 x 16 cm. National Gallery, London.
[getupfter Farbauftrag, Verschwimmen der Konturen]
Negation der realen Geformtheit („Gebilde“)
Bilder, deren Gegenstände in ihrer Geformtheit keinen Bezug zur Wirklichkeit aufweisen und diese negieren, werden auch als „Gebilde“ bezeichnet.

Bemalte und zugeschnittene Papiere auf Leinwand, 287 x 288 cm.
Tate Modern, London. [abstrakte Formen]
Folgende Mittel werden dabei häufig genutzt:
- Verwendung abstrakter Formen und unrealer Farben,
- Einbeziehung von Fotos, Collagematerialien, realen Objekten.

Öl auf Leinwand, 265 x 222 cm. The Museum of Modern Art, New York.

Öl auf Leinwand, 140 x 201 cm.
Guggenheim Museum, New York. [abstrakte Formen]

Öl auf Leinwand, 321 x 237 cm.
Moderna Museet, Stockholm. [abstrakte Formen]

Öl auf Leinwand, 60 x 60 cm. Kunstmuseum Den Haag.

Zeitungsausschnitte, Knöpfe, Holzplättchen, Wellpappe,
Korken und Haare, übermalt, 91 x 72 cm. Kunsthalle Karlsruhe.
[Einbeziehung von Fotos, Collagematerialien, realen Objekten]

Öl auf Leinwand, 50 x 81 cm. Galerie Himmel, Dresden.
Quellen:

